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Grenzwert der nicht geringen Menge, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für das synthetische Cannabinoid mit dem Wirkstoff 4FMDMBBICA beträgt zwei Gramm

Der Wirkstoff 4FMDMBBICA wurde durch die 22. Verordnung zur Änderung von Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes vom 8. November 2021 (BGBl. I 2021, S. 4791) mit Wirkung vom 9. November 2021 in die Liste der Anlage II des Betäubungsmittelgesetzes aufgenommen und war deshalb zum Tatzeitpunkt Betäubungsmittel.

Der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels ist stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und Wirkungsintensität festzulegen. Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefährliche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs. Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen Konsumeinheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten Konsumenten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere seines Abhängigkeiten auslösenden oder sonst die Gesundheit schädigenden Potentials, zu bemessen. Lassen sich auch zum Konsumverhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstoffen (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Urteile vom 10. August 2023 – 3 StR 462/22 Rn. 7; vom 5. November 2015 – 4 StR 124/14 Rn. 14; vom 17. November 2011 – 3 StR 315/10, BGHSt 57, 60 Rn. 10 und vom 24. April 2007 – 1 StR 52/07, BGHSt 51, 318 Rn. 12 ff.; Beschlüsse vom 8. März 2022 – 3 StR 136/21 Rn. 12 und vom 27. Januar 2022 – 3 StR 155/21, BGHSt 67, 2 Rn. 9).

Ausreichend gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu der äußerst gefährlichen, gar tödlichen Dosis oder zur durchschnittlichen Konsumeinheit existieren zu 4FMDMBBICA, wie auch zu anderen synthetischen Cannabinoiden, bislang nicht (vgl. dazu BGH, Urteile vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13, BGHSt 60, 134 Rn. 47 ff.; vom 5. November 2015 – 4 StR 124/14 Rn. 16 und vom 20. September 2017 – 1 StR 64/17 Rn. 40; Beschluss vom 27. Januar 2022 – 3 StR 155/21, BGHSt 67, 2 Rn. 12).

Nach dem Gutachten des Sachverständigen ist der Ki-Wert für 4FMDMBBICA nicht bekannt; der EC50-Wert liegt zwischen 37,7 nM und 121 nM. Zum Vergleich dazu weisen THC einen Ki-Wert zwischen 10,2 nM und 40,7 nM sowie einen EC50-Wert zwischen 58 nM und 250 nM und das synthetische Cannabinoid JWH-018 einen Ki-Wert zwischen 1,5 nM und 9,5 nM sowie einen EC50-Wert zwischen 10,1 nM und 36,6 nM auf. Für JWH-018 beträgt der Grenzwert der nicht geringen Menge zwei Gramm (BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13, BGHSt 60, 134). Mit Blick auf den EC50-Wert und die agonistischen Wechselwirkungen am CB1-Rezeptor sowie die in einzelnen in-vitro-Studien nachgewiesene höhere Wirksamkeit des Wirkstoffs 4FMDMBBICA gegenüber JWH-018 ist die Schwelle zur nicht geringen Menge nicht niedriger zu bemessen und gleichfalls auf zwei Gramm Wirkstoffmenge festzusetzen. Die besondere Gefährlichkeit der Substanz und die Vergleichbarkeit mit JWH-018 folgen neben den bekannt gewordenen Todesfällen auch aus den besonders niedrigen Mengen einer Konsumeinheit, die 1g/60g Pflanzenmaterial oder 0,05 Milligramm Reinsubstanz – im Vergleich zu zwei bis drei Milligramm bei JWH-018 – beträgt.

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