Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 24. April 2025 (Az. 2 StR 464/24) auf die Revision des Angeklagten das Urteil des Landgerichts Köln vom 16. Mai 2024 teilweise aufgehoben. Konkret beanstandet wurde die Festsetzung der Tagessatzhöhe bei der gegen den Angeklagten verhängten Geldstrafe wegen versuchter Nötigung. Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.
Hintergrund
Das Landgericht Köln hatte den vielfach vorbestraften Angeklagten wegen versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80 Euro verurteilt. Die Revision des Angeklagten richtete sich ausdrücklich nur gegen die Höhe des einzelnen Tagessatzes und wurde vom BGH als wirksam beschränkt anerkannt. Ein Fall, in dem die Tagessatzanzahl und -höhe untrennbar miteinander verknüpft wären, lag nach Auffassung des Senats nicht vor.
Fehlerhafte Bestimmung der Tagessatzhöhe
Die Strafkammer des Landgerichts hatte die Tagessatzhöhe im Wesentlichen auf die Angaben des Angeklagten zur erwarteten Einkommenssituation nach seiner Haftentlassung gestützt. Der Angeklagte hatte erklärt, er werde nach seiner Freilassung – die einen Tag vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgte – wieder Gelegenheitsarbeiten im Bereich der Schweißtechnik aufnehmen und dadurch ein monatliches Einkommen von ca. 2.500 Euro erzielen. Unterhaltsverpflichtungen habe er nicht. Diese Einschätzung wurde vom Landgericht als glaubhaft erachtet und diente als Grundlage für die Festsetzung der Tagessatzhöhe.
Der BGH rügte, dass diese Grundlage nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge. Nach § 40 Abs. 2 StGB ist die Tagessatzhöhe unter Berücksichtigung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei in der Regel das Nettoeinkommen des Täters zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung, nicht jedoch bloße Erwartungen oder vage Zukunftsprognosen.
Anforderungen an die Einkommensprognose
Zwar dürfen auch zukünftig zu erwartende Einkünfte berücksichtigt werden, doch setzt dies laut BGH voraus, dass diese mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sind und nicht nur vorübergehender Natur. Außerdem müssen Tatsachen benannt werden, die eine belastbare Prognose ermöglichen. Im vorliegenden Fall fehlte es nach Ansicht des BGH an der Darstellung solcher Tatsachengrundlagen. Die Strafkammer habe es insbesondere versäumt, aufzuklären, ob das Einkommen aus selbständiger oder abhängiger Tätigkeit stammen soll und welche Abzüge (z. B. Betriebsausgaben, Steuern, Versicherungen) berücksichtigt wurden. Der bloße Rückgriff auf frühere Gelegenheitsarbeiten des Angeklagten reiche nicht aus, um die angenommene Einkommenshöhe von 2.500 Euro als realistisch anzusehen.
Hinzu kommt, dass selbst bei einer sicheren Arbeitsaufnahme nach der Haftentlassung die wirtschaftliche Lage eines vormals arbeitslosen Täters nicht sofort durch ein volles Erwerbseinkommen geprägt sei. Auch dieser Aspekt wurde vom Landgericht nicht ausreichend gewürdigt.
Rechtsfolge: Aufhebung und Zurückverweisung
Mangels tragfähiger Feststellungen zur Einkommenssituation des Angeklagten hob der BGH die Entscheidung über die Tagessatzhöhe samt zugehöriger Feststellungen auf. Zur erneuten Verhandlung und Entscheidung wurde die Sache an das Amtsgericht Köln – Strafrichter – verwiesen. Der BGH machte dabei von seiner Möglichkeit nach § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch. Das neue Tatgericht hat nun die Gelegenheit, umfassend und auf tragfähiger Tatsachengrundlage über die Tagessatzhöhe zu entscheiden.
Fazit
Der Beschluss verdeutlicht die strengen Anforderungen an die Festsetzung der Tagessatzhöhe bei Geldstrafen. Gerichtliche Entscheidungen dürfen sich nicht auf bloße Einkommensschätzungen oder unkonkrete Prognosen stützen. Erforderlich sind nachvollziehbare, konkrete Feststellungen zur tatsächlichen oder gesicherten zukünftigen Einkommenssituation des Täters. Nur so kann die Geldstrafe im Sinne des § 40 StGB verhältnismäßig und gerecht bemessen werden.
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